Backferment lockert den Teig


Backen nach dem Honig-Salz-Prinzip mit Backferment
Der Weg zum Brot
Bei der Frage nach einem guten, gesunden Brot und Backwaren wird man in der heutigen Zeit auf ein vielfältiges, regional unterschiedliches Angebot stoßen. So zeigen sich bei der Brotherstellung verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten durch die Rohstoffauswahl, den Triebmitteln der unterschiedlichen Formgebung, die einen vollendeten Abschluss im Backprozess findet.
 
Im Rahmen der Rohstoffauswahl stehen die backfähigen Getreidearten wie Weizen, Dinkel, Emmer, Roggen, Kamut im Vordergrund und lassen sich mit Hafer, Gerste und Mais kombinieren. Ein erheblicher Unterschied zeigt sich hierbei durch eine ökologische Anbauweise, die auf die Verwendung von Insektiziden, Herbiziden etc. verzichtet und eine landwirtschaftliche Bodenbearbeitung bevorzugt, die schon heute an die nachfolgenden Generationen denkt.
 

 
Ein wesentlicher Einfluss erfolgt durch die verschiedenen Teiglockerungsverfahren und den möglichen Teigführungen auf das Aroma- und die Geschmacksbildung. Geschichtlich betrachtet haben unsere Vorfahren aus einem Getreidebrei erste Fladen auf den erhitzten Steinen gebacken. Daraufhin folgten die ersten gesäuerten Brote, die mit einer Gasbläschenbildung verbunden waren, der Sauerteig war geboren. So entstand neben der flachen Form beim Fladen eine dritte Dimension durch die Ausdehnung in Höhe, Breite und Länge!
 
 

 

In früheren Zeiten war die Verwendung von Vollkornmehl für alle Backwaren üblich. Doch bestand schon in reichen Kreisen eine Vorliebe für helle Mehle und daraus zubereiteten feinem Gebäck. Hierzu wurde das Vollkornmehl in Säcken gefüllt und durch ausschlagen “ausgebeutelt”. So hat sich mit dem Trend nach leichten, hell aus gemahlenen Broten, die kurzzeitige Teiglockerung durch die hoch spezialisierte Bäckerhefe etabliert.
 
Das Honig-Salz-Brot
Ein bisher wenig bekanntes Teiglockerungsmittel entstand auf Anregung von Rudolf Steiner, der darauf hingewiesen hat, dass das neue Brot im Spannungsfeld zwischen Honig und Salz bereitet werden soll - ein Prinzip, das schon bei den alten Persern bekannt war. P. Burghardt, ein Stuttgarter Bäcker, nahm sich in den 1920er Jahren diesen Anregungen an und entwickelte das so genannte Honig-Salz-Brot.
 
 

 

Der Honig
 
luftig, leicht, weitend, sonnenhaft und lichtvoll

 

 

Das Salz
 
mineralisch, fest, zentrierend, geformt
 

 

Der süße Honig stammt aus dem Blütennektar, den die Bienen durch ihre enorme Arbeit zusammengetragen, umgewandelt und konzentriert haben. Bei dem Genuss von Honig, steht seine heilsame Wirkung durch seine wertvollen Bestandteile, mit einem Empfinden von Leichtigkeit und Weite in Verbindung. Dem steht polar das Salz als verdichtendes Prinzip gegenüber. Kochsalz ist ein mineralischer Bestandteil der Nahrung und setzt sich aus Natrium und Chlor zusammen. Salzmangel führt zur Bewusstlosigkeit und zuviel Salz macht wach, somit hat Salz mit dem Bewusstsein des Menschen zu tun. Diese Erfahrung kann man machen, wenn man bewusst ein Salzkorn auf der Zunge zergehen lässt.
 
Bei dieser spontanen Gärung führen eine große Anzahl von natürlichen Mikroorganismen und Hefen aus der Luft, dem Honig und dem Getreide, gesteuert durch die Temperatur und Wasserzugabe, zu der Gasbildung durch Kohlendioxid. Das luftige Element führt somit zur Ausdehnung und Lockerung des Teiges.
 
Entwicklung zum Backferment nach Hugo Erbe
Die Herstellung des Honig-Salz-Brotes erfordert viel Zeit und viel Aufmerksamkeit bei der Herstellung, denn es kann auch schnell zu unerwünschten Fehlgärungen führen oder grundsätzlich kein zufrieden stellendes Backergebnis erfüllen. Aus diesem Grund stellte sich die Frage nach einer leichter zu praktizierenden Führung nach dem Honig-Salz-Prinzip. Dieser Frage nahm sich Hugo Erbe an, dem die Angabe Rudolf Steiners bekannt war, dass man anstelle von Hefe und Sauerteig, Honig und Salz zur Brotbereitung einsetzen kann. Steiner hielt das Sauerteigbrot bis zu der Zeit des Mittelalters für angemessen, denn es entspricht dem Prinzip einer Generationsfolge, die parallel mit dem gemeinsamen Leben der vielen Generationen unter einem Dach stand. Für die heutige Zeit sah er die Teiglockerung nach den Honig-Salz-Prinzip als empfehlenswert. Die Bedeutung des Honig-Salz-Prinzips für die Menschheitsentwicklung würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, denn diese sind sehr tiefsinnig und weitgreifend.
 
Die vielfältigen Versuche Hugo Erbes mit Honig und Salz brachten ihm jedoch kein befriedigendes Backergebnis. Das was er zuwege brachte, genügte den hohen Ansprüchen, die er an das Brot stellte nicht. „Näheres Eingehen auf den Prozess der Bildung eines Brot-LAIBES führte ihn zu der Überlegung, dass das „leibliche“ Innenleben beim Backvorgang nur ausgewogen hervorgerufen werden kann, wenn ein chymischer ein alchymistischer Leib-Bildungsprozess in Gang gesetzt wird“, so in den Ausführungen von Hellmut Finsterlin, der mit ihm zu Lebzeiten befreundet war. Dieses führt ihn zu der Überlegung, dass drei Wesenheiten zusammenwirken müssen die zu einer Leibesbildung führen. Drei der nötigen Stoffe oder Wesen hatte er, im Honig den Repräsentanten von Sulphur, und im Salz denjenigen von Sal. Was ihm fehlte war die verbindende Wesenheit, der Vermittler Mercurius. Als fehlenden „großen Schlepper“, setzte Hugo Erbe als Stickstoff Leguminosensamen ein. So erfand er das Ferment, indem Salz, Erbsmehl und Honig miteinander verbunden sind. Sein richtig durchgeführter Gedanke führte zu dem Backferment, bei dem kleberreicher Weizen am leichtesten zu verbacken war, aber es war auch möglich aus den kleberfreien Getreidearten (Mais, Reis, Hirse) sowie Buchweizen, Brote zu backen.
 
Das von Erbe gefundene Backtriebmittel wurde mit Wirkung ab 1939 patentiert. Als das Paten längst abgelaufen war, nach Erbes Tod 1965, erschien unter der Verwendung des Namens Erbe „nach Hugo Erbe“ auf dem Markt. Dieses kann erst zur Funktion gebracht werden, wenn man einen Grundsauer herstellt, ein Prinzip das Erbe von seiner Motivation eigentlich vermeiden wollte, da es einem Sauerteigprinzip entspricht.
 
Das Backferment nach dem Honig-Salz-Prinzip
Ab dem Jahre 2006 gibt es ein Backferment nach dem Honig-Salz-Prinzip. Motivation für diese Forschungen war die Frage, welche Kriterien ein heilsam wirkendes Brot erfüllen kann und beruht auf einer Anregung von Heinz Grill, spiritueller Lehrer und mehrfacher Buchautor.
 
Dieses Backferment entsteht nach dem Prinzip aus der Polarität von Honig und Salz, wobei das Getreide eine Mittenstellung einnimmt. Man kann sagen, dass dieses Prinzip getreidegemäß ist, wenn man die Beziehung zu den Elementen betrachtet. So zählen die Getreidewurzeln zu dem mineralischen, erdhaften und die Getreideähre zu dem lichtvollen, blütenhaften, sonnengeprägten Prinzip. Gleichsam kann man das Salz dem erdhaften Prinzip, zuordnen und den Honig dem licht- und wärmehaften.
 
Bei diesem Backferment handelt es sich um eine Stabilisierung, Standardisierung und Reproduzierbarkeit der empfindsamen spontanen Gärung nach dem Honig-Salz Prinzip - so wie es für die Brotbereitung angeregt wurde.
 
“ Der Honig ist das hinausstrebende, das Salz das zusammenziehende Element. In einem bestimmten Verhältnis zueinander ergeben diese beiden extremen Substanzen treibende Kraft für den Brotteig.”
 
Heinz Grill, Ernährung und die gebende Kraft des Menschen, S. 74
 
Lockeres, saftiges Vollkornbrot
Die wesentlichen Vorteile der Brotherstellung durch Backferment sind in einem idealen Aufschluss des Getreides zu sehen. In der 12-15 Stunden langen Vorteigführung werden die Bestandteile des Getreides, wie beispielsweise Stärke zu Zucker abgebaut. Ebenso werden die Mineralstoffe wie Kalzium, Phosphor, Eisen, Kupfer, Mangan, Zink und Chrom, die besonders im Vollkornmehl durch den hohen Schalenanteil enthalten und an die Phytinsäure gebunden sind, durch die lange Vorteigführung mit Backferment freigesetzt. Diese führt wesentlich zur Aroma- und Geschmacksbildung. Besonders interessant wird die Backfermentlockerung für Menschen mit einer Bäckerhefeunverträglichkeit sein, weil man damit Brot ohne Bäckerhefe herstellen kann.
 
Eine weitere Besonderheit liegt mit der Backferment-Teiglockerung darin, das sich alle Getreidearten verbacken lassen, also auch Hirse, Gerste und Reis. Man kann mit dem Backferment sämtliche Typenmehle verbacken oder auch Vollkornmehl. Es gibt vielfach erprobte Rezepturen für Brote, Brötchen, Baguette, Ciabatta ebenso für süße Gebäcke. Durch verschiedene Teigführungen lassen sich verschiedene Brotarten und Spezialitäten herstellen. Im weiteren ist der Kreativität durch die gute Formbarkeit der Teige keine Grenze gesetzt.
 
Durch den wertvollen Nährstoffgehalt vom Getreide und dessen optimalen, getreidegemäßen Aufschluss stellt das Brot eine wichtige Ernährungsgrundlage dar. Backfermentbrote sind leicht und locker, gut bekömmlich durch die milde Milchsäuregärung, anhaltend sättigend, gut verträglich und lange haltbar. Besonders sorgt die Milchsäure durch ihre Wirkung auf das Getreideeiweiß für eine klare Struktur der Backware, besonders sichtbar bei der Krume. Es steht eigenständig neben der Sauerteigführung und der Bäckerhefelockerung da und zeigt somit neue, naturgemäße Möglichkeiten der Teiglockerung auf.
 

 

Gedankliche Übung:
Nehmen Sie das fertige Brot, so wie Sie es sich vorstellen, mit in Ihre Gedanken. Alle Schritte dahin, das Kneten, Teig formen, die Gare und das Backen, werden Sie so bewusst erleben. Auch wenn es beim ersten Mal noch nicht leicht gelingt, so wird Ihnen diese Übung auf Dauer leichter fallen und Ihre Backergebnisse werden von Mal zu Mal besser.
 

Rezept für ein Dinkel-Vollkornbrot
 
Zutaten:
Für den Vorteig:
200 g Bio-Dinkel-Vollkornschrot , fein
20 g BackNatur Backferment
200 g Wasser (ca. 40 °C)
 
Für den Hauptteig:
300 g Bio-Dinkel-Vollkornschrot, fein
11 g Meersalz
150 g Wasser (ca. 40°C)
 
 
Zubereitung:
1. Backferment direkt mit dem warmen Wasser vermischen. Dann den Dinkelschrot zugeben und gut umrühren, bis eine breiige Masse entsteht.
 
2. Das Gefäß mit diesem Vorteig abgedeckt für 9 bis 13 Stunden warm stellen. Optimal sind 25-28°C
 
3. Wenn der Vorteig Bläschen zeigt, ist er gelungen. Er kann dabei auch leicht flüssig werden.
 
4. Die Zutaten des Hauptteiges zum Vorteig geben und alles zu einem glatten Teig verkneten. Gut ist eine Knetzeit von mindestens 15 Minuten. Nach Gefühl noch Wasser zugeben, wenn der Teig zu fest erscheint.
 
5. Diesen Teig abgedeckt für 60 - 80 Minuten ruhen lassen.
 
6. Den Teig auf einem leicht bemehlten Tisch zu einer Rolle formen und in eine mit Speiseöl oder Butter gefettete Backform legen.
 
7. Für rund 50-60 Minuten abgedeckt an einem warmen Ort gehen lassen.
 
8. Mit Wasser abstreichen oder besprühen und 2-3-mal mit einem Messer leicht einschneiden. Die Form dann ganz mit Alufolie abdecken.
 
9. Bei 200°C im Backofen rund 40-45 Minuten goldbraun backen . Nach 30 Minuten Alufolie entfernen. So bräunt die Oberfläche besser.
 
Dieses Rezept können Sie durch Zugabe von Nüssen oder Gewürzen selber nach Ihrem Geschmack verändern. Als weitere Veränderung können Sie verschiedene Getreidearten und Kombinationen probieren, wie z.B. Dinkel-Weizen, Dinkel-Roggen usw.
 
Brotlagerung:
Die Lagerung von Brot bedarf einer gewissen Aufmerksamkeit. Sie erfolgt am besten in einem Holzbrotkasten auf Latten, in einem Leintuch eingeschlagen oder in einem Steingut- oder Tontopf aufbewahrt. Die günstige Lagertemperatur liegt bei 15 bis 20°C , nicht zu feucht! Als vorteilhaft erweist sich eine regelmäßige Reinigung mit Essig. Brot ist ein Lebensmittel, das atmet und sollte aus diesem Grunde nicht in luftdicht abgeschlossenen Behältnissen aufbewahrt werden. Hier kommt es leichter zu einer Schimmelbildung. Je nach Brotsorte ist die Haltbarkeit unterschiedlich, so reifen z.B. Sauerteig- und Backfermentbrote nach. Deren Genuss ist durchaus nach 3 -6 Tagen noch möglich und führt sogar zu einer guten Verdaulichkeit.
 
Wer sich gerne zu weiteren Gedanken der Bedeutung des Honig-Salz-Prinzips und der Brotbereitung aus ganzheitlicher Sicht interessiert findet in folgender Literaturangaben viele wertvolle Anregungen. Die Literatur von Heinz Grill, “Die vier Äther im Brot” oder Rudolf Steiner „Landwirtschaftlicher Kurs“ oder die Ernährungsbücher von Udo Renzenbrink wie „Die sieben Getreide“ oder Dr. Rudolf Hauschka „Das Brot und die Erde“ sowie „ Der Salzprozess und das Brot“ führen zu einer lebendigen Auseinandersetzung.
 
Monika Lepold